Förderverein für Sozialarbeit mit Drogenabhängigen und -gefährdeten

„Hannibals Erben wollen Meister werden!“

Kieler Straßenfußballmannschaft aus ehemaligen Drogenabhängigen tritt ab Freitag in Nürnberg zur Deutschen Meisterschaft an

(Kieler Nachrichten vom 26.07.2017, Text: Frieda Kammerer, Foto T. Eisenkrätzer)
Im Fußball-Center Pagelsdorf trainiert dreimal wöchentlich eine ganz besondere Mannschaft: Die neun Spieler haben eines gemeinsam: Sie waren mal drogenabhängig. „Hannibals Erben“ nennt sich die Straßenfußballmannschaft – benannt nach der Romanfigur aus „Schweigen der Lämmer“. Seit 1999 trainieren in dieser Sportgruppe Drogenabhängige, die einen Entzug und eine Therapie hinter sich haben. Die Spieler wohnen meistens in der Wohngruppe Delta des Odyssee-Drogenhilfevereins. In der Wohngruppe sind sie noch in Therapie und bleiben da zwischen sechs Monaten und zwei Jahren. Nicht alle Teilnehmer sind Kieler, viele kommen aus ganz Deutschland, beispielsweise aus der Pfalz, Hessen oder aus Niedersachsen.

Hannibals Erben wollen Meister werden!

„Wir haben eine sehr gute Mannschaft, eine tolle Mischung aus aktuellen und ehemaligen Klienten.“ Olaf Hansen, Sozialpädagoge und Trainer

Ziel der Einrichtung ist es, den ehemaligen Abhängigen eine berufliche Perspektive zu zeigen und ein sinnvolles Hobby an die Hand zu geben. Das fördere die Selbständigkeit, erzählt Olaf Hansen (49), Sozialpädagoge und Trainer. Als Hobby wird vor allem Fußball angeboten. Seit 2006 spielen Hannibals Erben, in wechselnder Besetzung, bei den Straßenmeisterschaften mit, vier Mal gewann die Mannschaft bereits. In Nürnberg sind am Freitag und Sonnabend, 28. und 29. Juli, die deutschen Meisterschaften – und Olaf Hansen und sein Team machen sich Hoffnungen auf den Titel: “ Wir haben eine sehr gute Mannschaft, eine tolle Mischung aus aktuellen und ehemaligen Klienten“, erzählt er.

Torwart Christian fährt mit zum Homeless World Cup. Einer der guten Spieler ist Christian. Der 33-jährige ist Torwart bei Hannibals Erben und war neulich in einem Trainingslager in Polen. Bei einem Spiel wurde er von Scouts für die Nationalmannschaft im Straßenfußball entdeckt. Hannes ist polytox, das heißt er ist von mehreren Substanzen suchtgefährdet: THC (Marihuana), Kokain, Heroin und Crystal. Er war mehrere Male rückfällig. „Als meine Tochter geboren wurde, wollte ich clean werden“, erzählt er. Kontakt zwischen Vater und Tochter gibt es nicht, er möchte warten, bis er zwei bis drei Jahre clean ist: “ Ich will es mir erst selbst beweisen und sie nicht enttäuschen.“ Zu seinen Eltern in Frankfurt hat er nur losen Kontakt, zurück möchte er nicht, ihm ist Rückfallgefahr zu groß.
Im Oktober ist die Weltmeisterschaft der Obdachlosen, der Homeless World Cup (HWC), Christian wird als Torwart dabei sein. Dann beginnt seine Ausbildung, er wird wohl zwei Tage fehlen, aber der Cup ist ihm wichtig. „Für mich ist es eine Ehre, da mitzuspielen“, sagt Christian stolz.
Der Homeless World Cup wird seit 2003 jährlich ausgetragen. Alle Spieler müssen mindesten 17 Jahre alt sein und dürfen noch bei keinem früheren HWC teilgenommen haben. Zudem muss mindestens eine weitere Voraussetzung erfüllt sein. Vorübergehende Obdachlosigkeit im Jahr vor der Weltmeisterschaft – bei Spielern in Alkohol- oder Drogenrehabilitationsprogrammen zwei Jahre – oder der Lebensunterhalt wird als Straßenzeitungsverkäufer bestritten. Außerdem dürfen Asylbewerber ohne positiven oder bei abgelehntem Bescheid mitspielen, aber höchstens zwei pro Teilnehmernation.


Quelle: Kieler Nachrichten vom 26.07.2017
Texterfassung und Erstellung der Artikelkopie: Marco Mordhorst
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